Worauf muss man beim Abmischen mit dem Kopfhörer achten? Kann man überhaupt mit einem Kopfhörer richtig Musik mischen und produzieren? Diese Fragen möchte ich diesem Artikel beantworten.
Als aller Erstes nehme ich das Wichtigste vorweg. Ein einzelnes Abhörsystem, egal ob Kopfhörer oder Lautsprecher, wird gerade bei unerfahrenen Mischern zu keinen perfekten Ergebnissen führen. Optimalerweise benutzt man mehrere Abhören um einen Mix zu checken.
Es gibt aber Einsatzgebiete in denen der Kopfhörer den Lautsprechern überlegen ist. Und das sind auch die Momente, in denen ich einen Kopfhörer aufsetze.
Vorteile beim Abmischen mit Kopfhörern
Es gibt durchaus mehrere Vorteile von Kopfhörern gegenüber Abhören mit Monitoren.
Kopfhörer sind günstiger
Gerade für Neueinsteiger oder Tontechniker, die mit einem schmalen Budget auskommen müssen, ist ein Kopfhörer der ideale Wegbegleiter. Gute Referenz-Kopfhörer kosten normalerweise einen Bruchteil von Lautsprechersystemen, die hochauflösend sind.
Selbst bei einem günstigen Lautsprecherpaar gibt es noch einen entscheidenden Faktor, der die Variante deutlich teurer werden lässt. Um das optimale Umfeld für das Abhören mit Lautsprechern zu schaffen, benötigt man einen optimierten Raum. Und das kann je nach Raum sehr teuer werden. Das führt direkt zu dem nächsten Vorteil.
Kopfhörer klingen in jedem Raum gleich
Egal wie schlecht oder gut ein Raum für das Abmischen optimiert ist, der Kopfhörer klingt immer gleich. Man kann sich auf die gewohnte Qualität verlassen. Ausgenommen natürlich Baustellenlärm oder sonstige Lärmquellen.
Das ist natürlich für einen Tontechniker ein wichtiger Faktor. Egal in welchem Umfeld er sich befindet, der Mix kann ohne Eingewöhnungsphase direkt begonnen werden. Im Gegensatz zu Lautsprechern in ungewohnten Räumen, wo man sich erst einmal einhören muss. Das Einhören auf neuen Systemen und in unbekannten sowie bekannten Räumen kann zu Problemen führen. Entweder man wird von der Anlage überwältigt oder man nimmt bestimmte Frequenzbereiche nicht wahr. Beides wird zu Fehlern beim Abmischen führen.
Allein aus diesem Grund würde ich jedem Tontechniker einen guten Referenz-Kopfhörer empfehlen, den er auf Reisen im Koffer hat.
Mixing-Details sind besser hörbar
Als Tontechnikanfänger ist die Nutzung eines Kopfhörers sicherlich interessanter. Damit können nämlich schneller und besser Details in der Bearbeitung festgestellt werden. Man bekommt ein besseres Gefühl für die genutzten Effektgeräte und das Panorama. Gerade um räumliche Effekte mit Lautsprechern wahrnehmen zu können werden meist teure Abhörmonitore und ein optimierter Raum benötigt.
Mit Kopfhörern nimmt man selbst bei günstigeren Modellen einen detaillierteren Raumeindruck der Effekte wahr. Wie bereits beschrieben, sehe ich das als Vorteil, vor allem für Neueinsteiger in diesem Bereich. Denn so kann derjenige die Effekte besser hören lernen.
Nachteile von Kopfhörern beim Abmischen und Produzieren
Auf der anderen Seite sehe ich in diesem Bereich auch einen Nachteil. Durch den Einsatz von Kopfhörern kann es sein, dass die genannten Effektgeräte zu zaghaft eingesetzt werden.
Zaghafter Einsatz von Effekten
Ein leicht wahrnehmbarer Effekt (z.B. Hall oder Delay) auf Kopfhörern führt leider nicht zu selben Klang auf Abhören. Das liegt vor allem an dem Raumklangn in dem die Lautsprecher stehen. Die Monitore müssen immer gegen den Raum ankämpfen. Das führt zu dem genannten Ergebnis, dass solche Effekte auf diesen Abhören schwer wahrnehmbar sind.
Deshalb ist es unabdingbar, dass ein Mix mit Lautsprechern auf solche Effekte geprüft wird. Oder anders gesagt, klingt ein Hallraum auf gut auflösenden Kopfhörern ein Tick zu laut, ist er wahrscheinlich für Monitorboxen bestens geeignet.
Zu verspielter Einsatz von Effekten
Im Gegensatz zu dem zaghaften Einsatz von Effekten kann natürlich auch das Gegenteil der Fall sein. Durch die stärkere Wahrnehmung von Panoramafahrten kann natürlich auch der Ehrgeiz geweckt werden, möglichst viel Bewegung in den Mix zu bekommen.
Natürlich wirkt ein “lebendiger” Mix aufregend. Auf der anderen Seite kann das zu Problemen bei der Wiedergabe mit Lautsprechern führen. Ein gutes Beispiel dafür ist sicherlich die Monokompatibiltät. Was auf Kopfhörern für Spannung sorgt, kann auf einem Handy oder Kofferradio unter Umständen gar nicht wahrgenommen werden und fällt womöglich auf Monoabhören komplett aus dem Mix. Das ist natürlich schlecht, wenn es sich um tragende Elemente handelt. Auf der anderen Seite muss man sagen, dass man dafür schon sehr extreme Einstellungen vornehmen muss.
Kopfhörer machen die Ohren schneller müde
Der direkte Schall von Lautsprechern führt dazu, dass das Ohr schneller ermüdet. Das führt dazu, dass Frequenzbereiche nicht mehr im vollen Umfang wahrgenommen werden können. Das Ohr benötigt also öfter Pausen, um sich zu regenerieren, als das mit Lautsprechern der Fall ist.
Im Gegensatz zu Lautsprechern wird der Schall durch einen Raum geschickt und prallt nicht komplett direkt auf das Ohr. Bei einem Kopfhörer ist das unumgänglich. Dieser ist komplett auf das Ohr gerichtet und umschließt es, oder er wird sogar in das Ohr gesteckt.
Oft führt das zu einem Teufelskreis. Mit der Zeit nimmt man immer weniger Zeit Details beim Abmischen und Produzieren wahr. “Logische” Konsequenz: einfach lauter machen. Leider wirkt das maximal nur kurz und schadet dem Ohr.
Aus diesem Grund empfehle ich, wenn man das Gefühl verspürt nicht mehr die gewohnten Details im Mix wahrzunehmen, sollte man eine Pause machen. Das gilt übrigens auch für das Abmischen mit Kopfhörern.
Zusammenfassung: Mit Kopfhörern einen Song mischen
Die Vorteile:
- Kopfhörer sind günstiger als Monitore (auch wegen der Raumoptimierung)
- Mit Kopfhörern kannst du dich schnell in jedem Umfeld zurechtfinden, weil sie immer gleich klingen
- Du kannst Mixing-details und Fehler besser wahrnehmen (wie zum Beispiel Knackser)
Die Nachteile:
- Effekte werden eventuell zu saghaft eingesetzt
- Eventuell zu verspielter Einsatz von Effekten
- Die Ohren ermüden in der Regel schneller beim Abmischen und Produzieren
Kopfhörer oder Abhörmonitore
Die einzige richtige Antwort ist in diesem Fall: BEIDES! Beide Abhörsysteme haben Vor- und Nachteile. Dessen sollte man sich immer bewusst sein. Wenn man sich jedoch entscheiden muss, würde ich einem Mixing-Engneer am Anfang zu Kopfhörern raten. Sie sind günstiger, weniger anfällig für schlechte Räume und man lernt schneller und besser ein Effekt macht beziehungsweise, wie er klingt.
Hat man Spaß am Abmischen und Produzieren sollte man sich weitergehend aber gute Studiolautsprecher kaufen und Geld in die Raumoptimierung stecken.